In einem Interview mit der renommierten japanischen Wirtschaftszeitung „Nihon Keizai Shimbun“ (Nikkei Asia) für einen Beitrag, der am 13. Mai veröffentlicht wurde, sprach Taiwans Staatspräsident Lai Ching-te über die Beziehungen Taiwans mit Japan und den USA, die Situation in der Taiwanstraße, die Halbleiterindustrie sowie die internationale Wirtschafts- und Handelspolitik.
Zunächst lobte Präsident Lai die westlich geprägte liberale Wirtschaftsordnung unter der Führung der USA, die in den vergangenen Jahrzehnten Wohlstand und Stabilität nach Taiwan und Japan gebracht habe, auch durch die Übernahme westlicher Werte. Gleichzeitig wies er auf die Herausforderungen durch unfaire Handelspraktiken hin, insbesondere durch die VR China, die durch Plagiate, Urheberrechtsverletzungen und staatliche Subventionen systematisch Produkte zu Dumpingpreisen in alle Welt exportiere. Die USA hätten nun begonnen, diese Probleme anzupacken.
Für Taiwan seien die erhöhten Zölle eine ernsthafte Herausforderung, der man mit Verhandlungen begegnen wolle, bemerkte Lai. Taiwan sei bereit, in den USA mehr zu investieren, zu kaufen und nichttarifäre Handelsbarrieren abzubauen, um das Handelsdefizit zu verringern. Gleichzeitig sehe man Chancen, etwa durch ein bilaterales Handelsabkommen, durch Investitionen zur Unterstützung der US-Reindustrialisierung und zur Verankerung Taiwans in der US-Wirtschaft.
Um die Folgen der angekündigten US-Zölle im Inland abzumildern, plane Taiwan ein Unterstützungsprogramm für die Industrie in Höhe von 93 Milliarden NT$ (2,75 Milliarden Euro), ergänzt durch ein Sonderbudget von 410 Milliarden NT$ (12,1 Milliarden Euro) zur Sicherung von Arbeitsplätzen, Lebensstandard, Wirtschaftswiderstandsfähigkeit und Industrieförderung. Daneben werde man Taiwan als Standort durch steuerliche Entlastungen, Deregulierung, Investitionsanreize und die Rückgewinnung von Auslandskapital attraktiver machen, und Herausforderungen wie Wasser-, Strom- oder Fachkräftemangel würden aktiv angegangen.
Im Außenhandel habe Taiwan sich im Laufe der Jahre deutlich diversifiziert, enthüllte Lai. Während im Jahr 2010 noch 83,8 Prozent der taiwanischen Auslandsinvestitionen nach China geflossen seien, waren es 2023 nur noch 7,5 Prozent. Der Exportanteil von Taiwan nach China habe sich ebenfalls verringert. Investitionen würden zunehmend gezielt nach Japan, Südostasien, Europa und in die USA verlagert.
Präsident Lai fuhr fort, Taiwan strebe eine ausgewogene globale Positionierung an. Dabei hoffe man besonders auf Kooperation mit Japan und erhoffe sich Tokyos Unterstützung bei Taiwans Streben nach Beitritt zum Umfassenden und Progressiven Abkommen für Transpazifische Partnerschaft (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership, CPTPP).
Hinsichtlich möglicher Einflussnahme der VR China auf Taiwans CPTPP-Beitrittsstreben oder ein bilaterales Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Japan kommentierte Lai, dass dies eine Frage der Haltung sei, nämlich ob man sich den Werten von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten verpflichtet fühle, oder ob man sich dem wirtschaftlichen Druck der VR China beuge. Taiwan stehe klar auf Seiten der Demokratie, definierte Lai. Angesichts Militärmanöver der VR China in der Taiwanstraße, im Ost- und Südchinesischem Meer sowie rund um Japan, Korea und Australien sei klar, dass Demokratien wie Taiwan, Japan, Australien und die Philippinen zusammenstehen müssten.
Taiwan wolle nicht nur die Beziehungen mit Japan vertiefen, sondern auch stärkere Beziehungen zur Europäischen Union (EU) und anderen Regionen aufbauen. Aktuell verfolge man die Initiative zur „Partnerschaft für eine demokratische globale Halbleiter-Lieferkette“, die in dem Bereich eine nichtchinesische Lieferkette zur Sicherung globaler Konjunktur und fairer Handelsbedingungen anstrebe, erläuterte Lai.
Lai lobte Japan als starkes Land, dem in der gegenwärtigen geopolitischen Lage eine Führungsrolle zukomme. Bei der Gelegenheit dankte das Staatsoberhaupt der japanischen Regierung, Japans Parlament, der Gesellschaft sowie zivilen Organisationen für ihre langjährige Unterstützung Taiwans und unterstrich, die Beziehungen zwischen den Völkern beider Länder seien tief verwurzelt.
—Quelle: Presidential Office ROC Taiwan, 05/13/2025
—Zuschriften an die Taiwan heute-Redaktion unter taiwanheute@yahoo.com